Sonstige Begründung
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Der öffentliche Auftraggeber nutzt zur Erfassung und Verwaltung der Arbeitszeiten der Beschäftigten sowie zur Zutrittskontrolle überwiegend die elektronische Zeiterfassungslösung ZEUS 3 des Herstellers ISGUS GmbH, einschließlich proprietärer Zeiterfassungsterminals. Diese Hard- und Softwarelösung ist spezifisch aufeinander abgestimmt und in bestehende Betriebsprozesse und IT-Strukturen eingebunden. Zur Erfüllung aktueller Anforderungen, insbesondere im Bereich Datenschutz und Systemstabilität, sowie um die bestehende Infrastruktur weiter zu nutzen und bereits getätigte Investitionen in erheblichem Umfang nicht entwerten zu müssen, soll ein Update auf die aktuelle Softwareversion "ZEUS X" erfolgen. Ein Wechsel auf ein anderes Zeiterfassungssystem würde den kompletten Austausch der Hard- und Software, umfangreiche Systemanpassungen, Datenschnittstellenentwicklungen sowie neue Datenschutzprüfungen und Schulungsmaßnahmen erforderlich machen. Diese Maßnahmen wären mit einem unverhältnismäßigen wirtschaftlichen und technischen Mehraufwand und Risiken für den laufenden Betrieb verbunden. Die Fortführung mit dem bisherigen System stellt die einzige technisch gangbare und wirtschaftlich vertretbare Lösung dar. Eine Interoperabilität mit Drittanbietersoftware ist nicht gegeben. Gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) und c) VgV kann ein öffentlicher Auftraggeber den Auftrag im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn aus technischen Gründen oder aufgrund des Schutzes von ausschließlichen Rechten nur ein bestimmter Unternehmer als Auftragnehmer in Betracht kommt. So liegt der Fall hier. Es ist bereits aus technischen Gründen i. S. d. § 14 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) VgV kein Wettbewerb vorhanden, weil nur ein Anbieter in der Lage ist, die nachgefragten Leistungen zu erbringen. Die Software "ZEUS X" ist ein proprietäres Produkt des Herstellers ISGUS GmbH, der exklusiv die Weiterentwicklung und Pflege der Software vornimmt. Eine Kompatibilität mit Systemen anderer Anbieter ist nicht gegeben. Die ISGUS GmbH bestätigte, dass "in Verbindung mit dem Fachverfahren der ISGUS-Zeitwirtschaft ZEUS®, ausschließlich ISGUS Geräte für die Zeitdatenerfassung und/oder Zutrittskontrolle eingesetzt werden können. ISGUS Terminals sind nur kompatibel mit der Applikation ZEUS® und genauso umgekehrt.“ Weiter führt ISGUS aus, dass zwischen den Hardwarekomponenten (z. B. Zeiterfassungsterminals, Zutrittszentralen) und der ZEUS®-Software protokolltechnische Abhängigkeiten sowie eine einheitliche Datenstruktur bestehen müssten. Nur dadurch sei die erforderliche regelmäßige Datenreplikation zwischen Terminals und Anwendung gewährleistet. Die angeschlossenen Geräte würden funktional durch die Software gesteuert. Das Gesamtsystem sei daher als funktionale Sachgesamtheit zu betrachten. Daraus ergibt sich, dass ein technischer Austausch oder die Kombination der ISGUS Terminals mit Software anderer Anbieter nicht möglich ist. Ebenso wenig können alternative Hardwarelösungen mit ZEUS® X betrieben werden. Diese Umstände begründen bereits eine technische Notwendigkeit i. S. d. § 14 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) VgV, den Auftrag ausschließlich an den bestehenden Systemanbieter zu vergeben, weil nur dieser in der Lage ist, die bestehende Hardware mit der neuen Softwareversion ZEUS® X kompatibel weiter zu betreiben und gleichzeitig Systemintegrität, Sicherheit und Wartbarkeit zu gewährleisten. Darüber hinaus kommt die Vergabe nur an einen Anbieter wegen des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten gem. § 14 Abs. 4 Nr. 2 lit. c) VgV in Betracht. Die Softwarelösung "ZEUS® X" wird ausschließlich über ein autorisiertes Vertriebsnetz der ISGUS GmbH vertrieben. Der Vertrieb erfolgt über eigene Niederlassungen und Schwesterfirmen der ISGUS GmbH, die jeweils über exklusive Vertriebsgebiete verfügen. Diese Regelung stellt ein ausschließliches Recht (positives Nutzungsrecht) im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 2 lit. c) VgV dar. Im vorliegenden Fall ist die ISGUS-Niederlassung Erfurt für das geografische Gebiet Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt zuständig und somit allein berechtigt, Angebote für den Auftraggeber in dieser Region zu unterbreiten. Der Vertrieb erfolgt ausschließlich durch die Niederlassungen der ISGUS GmbH, die vertraglich und geografisch an ihre spezifischen Gebietsgrenzen gebunden sind. Dies schließt andere Anbieter und Niederlassungen von ISGUS aus, in diesem Gebiet tätig zu werden. Die exklusive Vertriebsregelung der ISGUS GmbH stellt eine ausschließliche Vertriebsberechtigung dar, die den Wettbewerb auf diesem Markt effektiv einschränkt und keine Alternativen für den Auftraggeber lässt. Daher ist die Vergabe des Auftrags an die ISGUS GmbH als allein zuständigen Anbieter auch wegen des Schutzes von ausschließlichen Rechten gerechtfertigt. Gemäß § 14 Abs. 6 VgV ist weiter erforderlich, dass es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist. In diesem Fall liegen jedoch keine solchen künstlichen Einschränkungen vor. Vielmehr wird der Wettbewerb durch die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die Notwendigkeit, bestehende Investitionen und Systemkomponenten weiter zu nutzen, legitim und sachgerecht eingeschränkt. Es gibt auch keine vernünftige oder praktikable Alternative, die den technischen Anforderungen des Systems gerecht werden könnte. Ein Systemwechsel würde nicht nur unverhältnismäßige Kosten verursachen, sondern auch mit Risiken und Ausfallzeiten verbunden sein. Da die ISGUS GmbH die einzige Anbieterin ist, die die notwendigen Komponenten mit der erforderlichen Kompatibilität bereitstellen kann, kann kein angemessener Wettbewerb stattfinden.