Beschreibung
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Deutschland bietet ideale Voraussetzungen, um als Vorreiter Chancen für grüne Märkte zu eröffnen. Wenn die Produktion in den energieientensiven Industrien wieder Fahrt aufnimmt, sollte dies im Einklang mit den Klimazielen geschehen. Die politische und gesellschaftliche Akzeptanz des Themas sowie das wachsende Bewusstsein für den dringenden Handlungsbedarf haben zugenommen. Dies hat die energie- und klimapolitische Landschaft durch verstärkte Regulierung und zunehmendes politisches Engagement maßgeblich verändert. Die Europäische Union hat das langfristige Ziel, bis 2050 eine klimaneutrale Wirtschaft zu erreichen. Deutschland will bereits bis 2045 volkswirtschaftlich klimaneutral werden. Maßnahmenpakete wie der EU Green Deal, der Clean Industrial Deal und Rechtsakte wie der Net Zero Industry Act sowie Förderinstrumente wie die Bundesförderung Industrie und Klimaschutz (BIK) und die Klimaschutzverträge (CCFDs) zeigen, dass ein aktives Interesse an der Dekarbonisierung der Industrie sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene besteht. In Anbetracht der Klimaneutralitätsziele hat jeder energieintensive Industriezweig seine Arbeit gestartet und es wurden bereits Berichte, Leitlinien und Roadmaps für den Weg zur CO2-Neutralität vorgestellt. Dennoch bleiben Hindernisse bestehen, die überwunden werden müssen, um Dekarbonisierung zu ermöglichen und zu beschleunigen. Die Verfügbarkeit und Reife von Informationen zur Dekarbonisierung variiert stark zwischen den Industriebranchen. Eine wesentliche Ursache dafür ist die hohe Produktdiversität innerhalb einzelner Branchen. Unterschiedliche Produkte erfordern unterschiedliche Produktionsprozesse mit variierenden technologischen Anforderungen und Produktionsbedingungen (z. B. im Bereich der Prozesswärme), was die Entwicklung einheitlicher Dekarbonisierungspfade erschwert. Demgegenüber verfügen Branchen mit geringerer Produktdiversität wie Stahl mit der LESS-Zertifizierung und Zement mit der CSC-Zertifizierung bereits über Standards, die ihre Reife im Transformationsprozess belegen. In anderen Bereichen, wie Chemie, Keramik oder Nichteisenmetalle, ist der Transformationsprozess jedoch mit erheblichen Unterschieden verbunden. Obwohl in der Theorie für viele energieintensive Branchen bereits Dekarbonisierungsstrategien existieren, stehen deren Umsetzung in der Praxis eine Vielzahl komplexer Herausforderungen entgegen. Und neben den bekannten innerbetrieblichen Herausforderungen zeigen sich zunehmend externe Faktoren als zentrale Barrieren für die Transformation der energieintensiven Industrien. Dazu zählen etwa schwankende Energiepreise, Abhängigkeiten von bislang unzureichender Infrastruktur, Unsicherheiten über die internationale Wettbewerbsdynamik oder die fehlende Klarheit bei der Nutzung von Wasserstoff, Carbon Capture and Usage (CCU) oder Direct Air Capture (DAC). Diese nicht oder noch nicht abschließend beantworteten Fragen führen dazu, dass insbesondere komplexe Branchen - wie die Chemieindustrie - mit erheblichen strategischen Unsicherheiten konfrontiert sind. Dort, wo in der Theorie ambitionierte Dekarbonisierungspfade skizziert wurden, fehlen häufig praktikable Rahmenbedingungen für deren Umsetzung. Diese externen Unsicherheiten erzeugen ein strukturelles Ungleichgewicht zwischen den Industriebranchen: Während Sektoren wie Stahl oder Zement bereits über etablierte Standards, Zertifizierungen und Roadmaps verfügen, stehen andere am Anfang eines noch unklaren Transformationspfades. Die Praxis der Dekarbonisierung muss deshalb mit der Theorie Schritt halten - und beides muss gemeinsam weiterentwickelt werden, da nachhaltige Lösungen ein umfassendes Verständnis aller Perspektiven des Problems durch ein systemisches Denken erfordern. Ziel der Studie ist es deshalb, die wirtschaftlichen und strukturellen Hürden der Dekarbonisierung zu identifizieren und eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für zukünftige politische und wirtschaftliche Entscheidungen zu liefern. Dazu gehört die Analyse bereits existierender Dekarbonisierungsliteratur (Studien, Roadmaps, usw.), relevanter Unternehmensdaten und regulatorischer Rahmenbedingungen. Besonders die Branchen, in denen die größten Herausforderungen zur erfolgreichen Dekarbonisierung bestehen - darunter insbesondere die Chemieindustrie aufgrund ihre volkswirtschaftlichen Bedeutung und der komplexen Verbundsprozesse - müssen im Fokus der Studie stehen. Dadurch soll eine ausbalancierte Entwicklung über alle energieintensiven Industrien hinweg ermöglicht werden. Die theoretischen Erkenntnisse in die reale Praxis umzusetzen, stellt oft die größte Hürde dar, da nachhaltige Lösungen ein umfassendes Verständnis aller Perspektiven des Problems durch ein systemisches Denken erfordern. Das Vorhaben muss deshalb auch Systeme zur Einbindung der Stakeholder umfassen, um die Theorie mit der Praxis in Einklang zu bringen.